Oft wird nachgefragt oder einfach ungefragt ausgebessert, weil man zwar den Begriff „Zeitzeugen“ kennt, nicht aber „Zweitzeugen“. Doch was ist damit gemeint? 72 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges und dem Holocaust ist es inzwischen schwierig geworden, Zeitzeugen an der Schule zu befragen. Lange Jahre war Max Mannheimer immer wieder in den neunten Klassen der Erzbischöflichen Theresia-Gerhardinger-Realschule in Weichs zu Gast, um den Schülerinnen und Schülern seine Lebensgeschichte nahezubringen, über sein Überleben der Schoah und die entsetzliche NS-Diktatur zu erzählen. Sein immer wieder erklärtes Ziel war es, junge Menschen für die Demokratie zu stärken. Am 23. September letzten Jahres verstarb Max Mannheimer im Alter von 96 Jahren.
Wie wichtig Zeitzeugen für die schulische Bildung sind, konnte man auch immer daran erkennen, dass die Schüler bei diesen Gesprächen sehr aufgeschlossen waren. Doch wie kann man noch mit den wenigen lebenden Zeitzeugen in Kontakt kommen, sind sie inzwischen zu alt, um weiter zu reisen oder nicht in Deutschland lebend. Daher entstand 2010 das Studienprojekt „Heimatsucher“, seit 2014 ist dies ein eingetragener Verein. In dessen Rahmen finden „Zweitzeugenprojekte“ in ganz Deutschland statt. Sinn ist es dabei, die persönlichen Erzählungen von Schoah-Überlebenden an Kinder und Jugendliche weiterzugeben, ihnen diese nachfühlbar und begreifbar zu machen: „Insbesondere junge Menschen verstehen die Bedeutung von Geschichte für ihr eigenes Leben erst durch die Begegnung mit einem Zeitzeugen. Doch Zeitzeug*innen werden nicht mehr lange sprechen können. Damit sie zukünftig nicht verstummen, erzählen wir als „Zweitzeug*innen ihre Geschichten über das Leben vor, während und nach dem Holocaust (…) weiter“ (http://heimatsucher.de/wir/).
Im Juli des letzten Schuljahres wurden alle neunten Klassen der Schule über den Verein „Heimatsucher“ an das Zweitzeugen-Projekt herangeführt, organisiert wurde dies über die Georg-von-Vollmar-Akademie in Kochel am See. Bereits bei den Aktionstagen an der TGRS Weichs im Jahr 2015 waren die Referenten des Vereins „Heimatsucher“ schon an unserer Schule gewesen und waren begeistert von der zum Ausdruck gebrachten Empathie der Schüler in ihren Briefen an Schoah-Überlebende.

Claudia Schmidlehner

Fotos: Björn Helpap